Kurzgefasste Geschichte der informatikgeschichtlichen Sammlung in Szeged
In der Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde auf Initiative der János Neumann Gesellschaft für Computerwissenschaft (NJSZT) mit der Sammlung von überholten Computern, EDV-technischen Instrumenten und Dokumenten begonnen. Das Ziel war, ein Museum einzurichten, das die gegenständlichen und schriftlichen Denkmäler internationaler und heimischer Erscheinung, Verwendung, sowie Entwicklung der EDVTechnik beherbergt und zur Schau stellt.
Der im Rahmen von NJSZT gebildeten – aus drei Mitgliedern bestehenden – „Kommission für Geschichte der Technik” wurde vom Rechtsvorgänger der MOL AG eine zur Sammlung geeignete Barackenreihe an seinem Standort in Algyő zur Verfügung gestellt. Veranlasst durch die Unterstützung der Medien wurden die zur Ausmusterung verurteilten Maschinen, ganze Konfigurationen, Maschineneinheiten, Periferien und Dokumentationen aus allen Teilen des Landes hierher transportiert. Die Baracken-Gebäude füllten sich während 25 Jahre mit Mitteln, die fast vollständig die Ergebnisse der internationalen und heimischen Entwicklung darstellten. Diese Lagerräume beherbergten charakteristische EDV-Geräte des Zeitalters von den Lochkarten-Datenverarbeitungsgeräten, über die „Monstren” (Rasdan-3, Minsk-22, Minsk-32, ICT, Elliot, Siemens, IBM, Honeywell usw.) bis hin zur PC XT, sowie Meilensteine heimischer Entwicklung (z. B. M3 Trommelmemorien, Kalmarsche Logikmaschine, die von den Forschungsstätten KFKI, EMG, GAMMA, SZTAKI, BME, VILATI, VIDEOTON, SZKI, Telefonfabrik usw. produzierten Geräte, Anlagen.
Die „Vielfalt” der Geräte und Anlagen – und paralell dazu ihre Einzigartigkeit ergibt sich dadurch, dass es damals offiziell nur die Möglichkeit gab, Datenverarbeitungsanlagen und Periferien aus sogenannter sozialistischer Relation (Sowjetunion, DDR, Tschechoslowakei, Bulgarien, Polen) zu kaufen. Aber die, die einen guten Grund (und westliche Währung – Dollar) dazu hatten, kauften Datenverarbetungstechnik aus „westlicher Relation”.
Als die Baracken voll waren, half das Zentrale Forschungsinstitut für Physik (KFKI) bei der Unterbringung der ständig eintreffenden und zur Aufbewahrung im Museum angebotenen Geräte. Begeisterte Sammler organisierten eine ständige Ausstellung im Gebäude des Staatlichen Datenverarbeitungsanlagen-Dienstes (ÁSZSZ), auf dem Lande fand man einen Lagerraum in Cegléd.
Ein Teil der in den Lagerräumen in Szeged-Algyı aufbewahrten Geräte wurde im Jahre 1989 im Rahmen einer Ausstellung in Nyíregyháza zur Schau gestellt.Die Veranstaltung wurde von dem österreichischen Professor, dem namhaften Pionier der europäischen Datenverarbeitungstechnik, Heinz Zemanek eröffnet. Er bezeichnete zum ersten Mal die Sammlung als ohnegleichen in ihrer Art.
Im Jahre 1991 wurde die Stiftung Museum der Informatikgeschichte ins Leben gerufen. Gründer waren NJSZT, Das Landesmuseum für Technik und der Staatliche Datenverarbeitungsanlagen-Dienst. Die Stiftung verleihte dem Sammeln einen institutionellen
Rahmen. Die „technischen Rahmen”, also der Umfang der noch zur Verfügung stehenden Lagerräume schrumpfte immer weiter, die „mehrschichtige” Aufbewahrung der Geräte brachte enorme Probleme mit sich, und somit wurden die Chanchen der Besichtigung durch Besucher beträchlich kleiner.
Das Jahr 1997 brachte eine entscheidende Wende in der Geschichte der Sammlung. Die Universität Szeged brachte alle Geräte der Stiftung bei sich unter und stellte geeignete Lagerungsbedingungen zur Verfügung. So wurde es ermöglicht, die an mehreren Orten aufbewahrten Geräte zusammenzuführen, sie einheitlich zu behandeln, aufzubewahren und neu Gespendetes in Empfang zu nehmen.
Noch in diesem Jahr wurde ein Teil der Geräte der Stiftung im Rahmen einer erfolgreichen Ausstellung von der Direktion der Szegeder Internationalen Messe zur Schau gestellt. Am 4. Dezember besichtigten Delegierte der Organisation der Elektroingenieure mit Sitz in Amerika (Institut of Electrical and Electronic Engineers) die Ausstellung, die der Familie des im Jahre 1976 verstorbenen László Kalmár die Auszeichnung Computer Pioneer Award der Organisation überreichten. Sie äusserten sich hingerissen über die Ausstellung und wunderten sich darüber, wie ein so kleines Land ein solche Sammlung zu Stande bringen konnte.
Im Jahre 2002 wurde eine geeignete, höchstwahrscheinlich endgültige Lagerung der Sammlung ermöglicht, die auch dem breiten Publikum den Ausstellungsformen in einem Museum entsprechend zur Schau gestellt werden kann. In drei Stockwerken steht eine Fläche von ungefähr 2400 m2 für die Präsentierung der Geräte, die Lagerung der Duplikate und um Ausstellungen zu verschiedenen Themen organisieren zu können, zur Verfügung (z.B. „Geschichte des Internets”, „ungarische Entwicklungen und Erzeugnisse”, „hier funktioniert alles”, IBM usw.). Im Kalmar-Zimmer befinden sich die von dem weltberühmten Mathematiker entworfenen Geräte, seine persönliche Sachen, sowie seine schriftliche Arbeiten.
Im Jahre 2006 hat sich der Kreis der die Stiftung Errichtenden –als beigetretene Mitglieder – um die Universität Szeged (SZTE) und die Selbstverwaltung der Stadt Szeged erweitert. Letztete hat sich intensiv und wirkungsvoll mit der endgültigen und den modernen Anforderungen entsprechenden Unterbringung der musealen Sammlung beschäftigt. Mehrere Entwürfe sind ausgearbeitet worden. In diesem Jahr ist ein riesiger, aus mehreren tausend Stücken bestehender Gerätenbestand aus dem Bereich Leitungs-Nachrichtenvermittlung eingetroffen. Dessen Bearbeitung ist noch gegenwärtig im Gange. Mehr als 1500 Besucher haben die Ausstellung besichtigt. Von den Gründern leistet NJSZT die größte finanzielle und administrative Hilfe bei der Pflege und Entwicklung der Sammlung. Von dem Jahr 2007 an wird das Projekt jährlich finanziell in bedeutendem Maße von der Netzkoordinationszentrale der Internetdienstleister Gemeinnützige Gesellschaft (ISZT) unterstützt. Dem zu verdanken konnte damitt begonnen werden, Geräte und Anlagen zur interaktiven Informierung der Besucher zu entwickeln. Sehr wertvoll ist die ehrenamtliche Mitarbeit der Fachleute von IBM, die die Instandsetzung und Dokumentierung der von IBM hergestellten und einen großen Teil des Gerätenbestandes ausmachenden Geräte umfasst.
Zu den bedeutenden Ereignissen des Jahres 2008 gehören die Beteiligung an der Ausschreibung „Damit auch unsere Enkelkinder es sehen können” des Ministeriums für Unterricht und Kultur und die erfolgreiche Bewerbung um eine finanzielle Förderung, die Eröffnung der Ausstellung über die Geschichte des Internets und der Beschluss, laut dessen die Selbstverwaltung der Stadt Szeged der Sammlung endgültig im Zentrum in der Innenstadt, das später im Rahmen der Ausschreibung „Agóra Szeged Pólus”erbaut wird, geeignete Räume zur Unterbringung zur Verfügung stellen wird.
Für die Arbeit im Jahre 2009 war die Vorbereitung der Sammlung auf eine, den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts entsprechende, museumsgerechte Unterbringung ausschlaggebend. Ehrenamtliche Mitarbeiter und beauftragte Unternehmer haben im großen Tempo an der Entwicklung der interaktiven Geräte, an der Instandsetzung der alten Maschinen, an der Diskussion der Baupläne, an den Möglichkeiten einer Hilfeleistung bei der Erstellung eines Genehmigungsplanes, an der niveauvollen Gestaltung der in der Zukunft ausgestellten Geräte und der Ausarbeitung der Grundkonzeption der Ausstellung mitgearbeitet. NJSZT hat übernommen, ab der Eröffnung (voraussichtlich im juni 2011) fünf Jahre lang für die Kosten der Unterbringung der musealen, informatikgeschichtlichen Sammlung im Kulturzentrum aufzukommen. Damit ist es möglich geworden, den Plan in die Tat umzusetzen. Die Universität Szeged trägt mit einer an einer Ausschreibung gewonnenen Summe zur Katalogisierung der einzelnen Stücke der musealen Sammlung, zur Erstellung einer Datenbasis, zur Konstruierung und Wartung der Website der Sammlung, zur Organisierung der Aufsicht während der Öffnungszeiten und zur Ausarbeitung der Hinweise der Führung durch die Ausstellung bei.
Am Ende des Jahres 2009 beträgt die geschätzte Gesamtmasse der Sammlung ca. 220 Tonnen. Die Sammlung besteht aus rund 12 000 Stücken. Die Zahl der Ausstellungsbesucher hat sich (aufgrund der Daten der elektronischen Zählwerks) auf mehr als 4 000 belaufen. Wir konnten in diesem Jahr zwei, berühmten Technik-Historiker – Reuben Hogger (Australia) und David Buckley (England) – in unseren Sammlung bewirten.
Szeged, Februar 2010